Sanierungskonzepte bei Mittelstandsanleihen

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Die gestiegenen Anforderungen an die Eigenkapitalquoten der Banken sowie die Reduzierung der Kreditvolumina, als Folge der Finanzmarktkrise vor knapp zehn Jahren, bescherte den sogenannten Mittelstandsanleihen einen erheblichen Bedeutungszuwachs.

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Gerade für kleine und mittlere Unternehmen wurde es bekanntermaßen immer schwieriger, an frisches Kapital zu gelangen. Nach diversen Pleiten und verbranntem Anlegergeld in Millionenhöhe ist die anfängliche Euphorie über dieses Finanzierungsinstrument jedoch schon lange verflogen. Dem nicht genug, steht dem Segment in den kommenden beiden Jahren der Höhepunkt der Refinanzierungswelle bevor. So laufen-in den Jahren 2018 und 2019 gut 3 Mrd. Euro aus 64 Anleihen aus.

Dementsprechend wird auch das Bedürfnis nach Restrukturierungen steigen, um die Kernkonditionen der Anleihe in der Krise verändern zu können. Indes waren Sanierungskonzepte in der Vergangenheit regelmäßig keine Erfolgsgarantie. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den verschiedenen Konzepten und zeigt anhand einiger Beispiele, welche Folgen daraus resultieren.

Mit Einführung eines modernen und den internationalen Gepflogenheiten angepassten Schuldverschreibungsgesetzes[2] hat der deutsche Gesetzgeber im Jahre 2009 den Grundstein für außerinsolvenzliche Restrukturierungen von Anleihen durch Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger gelegt. Danach lassen sich von der Laufzeitverlängerung der Anleihe — auch: „Amend & Extend" — über eine Rückkaufoption bis hin zu einem Debt Equity Swap nicht zuletzt mehrere Konzepte zur Anleihesanierung unterscheiden, welche zumeist miteinander kombiniert und im Folgenden umrissen werden sollen.[3]

Inhalt

Laufzeitverlängerung

Die Laufzeitverlängerung, bzw. Prolongation der Anleihe stellt dabei das für den Emittenten simpelste und deshalb am häufigsten gewählte Instrument zur Restrukturierung dar. Voraussetzung ist jedoch, dass das emittierende Unternehmen in der Lage ist, die K en der Anleihe sowie deren Rückzahlung aus dem operativen Geschäft heraus zu finanzieren komprimiert mit Zinsanpassung nach unten. Nur so wird das Vertrauen der Anlege und mithin deren Zustimmung in der Gläubigerversammlung

überhaupt zu haben sein. Darüber hinaus sind einige Möglichkeiten des Entgegenkommens zu Gunsten der Anleger denkbar, wenn diese einer späteren Rückzahlung ihrer Einlage zustimmen sollen. So können zusätzliche Sicherheiten gewährt oder eine einmalige Bonuszahlung vereinbart werden. Ebenso ist die Anhebung des Zinskupons vorstellbar, wobei Emittenten im Rahmen der Restrukturierung und mit Verweis auf die momentane Niedrigzinsphase nicht selten das Gegenteil vereinbaren möchten. Zu beobachten war dieses Vorgehen beispielsweise im Rahmen der Sanierungsversuche der German Pellets Anleihe im Februar 2016. Hier sollte die Laufzeit der Anleihe, die zwei Monate später fällig gewesen wäre, um zwei Jahre verlängert, die Zinsen aber um zwei Prozent gesenkt werden. Zur Aufmunterung der Anleger versprach das Unternehmen eine Aufwertung der Anleihe durch die Besicherung mit Gesellschafteranteilen, d.h. der zahlungsunfähige Schuldner bot sich selbst als Sicherheit an. Genutzt haben all diese Versuche wenig, vielmehr wurde die Gläubigerversammlung zur Beschlussfassung kurzfristig abgesagt und ebenso spontan die Insolvenz beantragt. Grundsätzlich liegen die Vorteile einer Laufzeitverlängerung für ein emittierendes Unternehmen auf der Hand. Neben dem Mehr an Zeit, um die Refinanzierung zu erwirtschaften, sind die Kosten der Anpassung der Anleihebedingungen naturgemäß deutlich geringer, als die Begebung einer gänzlich neuen Anleihe. Dies gilt insbesondere, da hier auf die Erstellung eines kostspieligen Prospekts verzichtet werden kann.

Einräumung von Optionsrechten

Eine weitere Alternative bildet die Ergänzung der Anleihebedingungen um die Gewährung von Optionsrechten auf den Erwerb von Aktien des Emittenten, als Gegenleistung zur Reduzierung oder gänzlichen Aussetzung des Zinssatzes. So geschehen im Rahmen der Finanzrestrukturierung der DF Deutsche Forfait AG. Hier sollten die Anleger bei Ausübung der Option, die Möglichkeit erhalten, eine festgelegte Anzahl an neuen Aktien je 1.000 Euro Anleihenominal zu einem vergünstigten Bezugspreis zu erhalten. Damit sollte den Anleihegläubigern die Möglichkeit eingeräumt werden, den reduzierten Zinskupon ausgleichen zu können.

Rückkaufoption

Die Kursnotierungen, teils erheblich unterhalb des Nennwertes der Anleihe, eröffnen dem Emittenten eine weitere Möglichkeit zur Restrukturierung. Verfügt das Unternehmen über eine ausreichende Liquidität, so bietet sich ihm mit der nachträglichen lmplantierung einer Rückkaufoption in den Anleihebedingungen eine lukrative Gelegenheit, Verbindlichkeiten zu tilgen, gleichzeitig eine Zinsersparnis zu realisieren und mithin die Eigenkapitalstruktur zu verbessern. Wie schon im Fall der Sympatex-Anleihe[4] vermutet, kann die vorzeitige Rückzahlung der Anleihe aber auch positive Auswirkungen auf potentielle Investoren mit sich bringen, die auf teure Altlasten gerne verzichten. Ebenso besteht die Möglichkeit des Rückkaufs von Anleihen im Wege eines öffentlichen Kaufangebotes seitens des emittierenden Unternehmens. Schließlich kann auch der Mehrheitsgesellschafter die Anteile bei niedrigen Kursen erwerben, um diese, bei wieder erlangter Werthaltigkeit, zu veräußern oder, um dann gegenüber dem Emittenten auf entsprechende Rückzahlung zu verzichten.

Debt Equity Swap

Auch im Segment der Mittelstandsanleihen gewinnt das Verfahren, Schuldverschreibungen in Anteile von Unternehmen umzuwandeln und somit Fremd- zu Eigenkapitalgebern zu machen - sog. Debt Equity Swap — schon im vorinsolvenzlichen Stadium immer mehr an Bedeutung.[5] Dies gilt vorwiegend für börsennotierte Aktiengesellschaften, da fungible Anteile eine deutlich hohe Attraktivität aufweisen. Ein weiterer Vorteil für den Anleiheschuldner ist die Senkung der Finanzierungskosten, während dem Anleihegläubiger zu Gute kommt, an der zukünftig hoffentlich positiven Entwicklung des Unternehmens zu profitieren. Gemäß dem im SchVG implantierten Mehrheitsprinzip kann dieser Wechsel auch gegen den Willen einzelner Anleger erfolgen, welche bei Abstimmung entweder unterlegen oder dieser ferngebliebenen sind. Auch wenn dies den Willen des Gesetzgebers zu einer automatischen Zwangsumwandlung erkennen lässt, wird diese nur selten durchgeführt. Denn im Hinblick auf vereinzelte, verfassungsrechtliche Bedenken sowie vor allem strittige Fragen zu einer etwaigen Prospektpflicht, tritt der Debt Equity Swap hauptsächlich in seiner freiwilligen Ausprägung auf. Dabei werden dem Anleger Erwerbsrechte eingeräumt, die ihm einen Anspruch entweder auf neue Anteile oder auf eine Barleistung aus deren Verwertung geben. Unter anderem auf diese Weise versuchte die Solarworld AG bereits im Jahr 2013 ihre Anleihe zu sanieren, was bekanntlich nicht von Erfolg gekrönt war und die Anleger noch einige Zeit beschäftigen wird. Demgegenüber scheint der vom Landmaschinenhändler Ekotechnika im Dezember 2015 durchgeführte Debt Equity Swap das Unternehmen tatsächlich am Leben gehalten zu haben. Parallel beschlossen die Anleihegläubiger hier eine Zinsstundung sowie einen vorübergehenden Ausschluss des Kündigungsrechtes. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2015/16 konnte das Unternehmen sowohl den Umsatz, als auch das operative Ergebnis deutlich steigern. Jedoch täuscht auch dieser Erfolg nicht darüber hinweg, dass er mit viel Anlegergeld bezahlt wurde.

Schuldenschnitt

Der Schuldenschnitt stellt die sicherlich radikalste Restrukturierungsmaßnahme dar. Ein Erlassvertrag, welcher im Fall einer Anleihesanierung mit Mehrheitsbeschluss angenommen werden muss, kann dazu führen, dass die Anleihe nur in Teilen refinanziert werden muss. Ziel ist die Verhinderung des Totalausfalls. Die Anleger stehen dann oftmals vor der Frage, ob der teilweise Verzicht auf Rückzahlung oder die spätere Befriedigung aus der Insolvenzquote die für sie günstigere Variante ist. Dieses Schreckgespenst führt nicht selten dazu, dass ein solcher Erlass mehrheitlich beschlossen wird.

Prominent wurde der Haircut der Anleihe des Schrottrecyclers Scholz, der den Anlegern eine Recoveryquote von unter 10% bescherte.

[2] Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (Schuldverschreibungsgesetz - SchVG).

[3] Dazu auch Seibt, ZIP 2016, 997 f.

[4] Heute: Smart Solutions Holding GmbH; die beabsichtigte lmplantierung einer Call-Option scheiterte im November 2015 an mangelndem Anlegerinteresse.

[5] Dazu ausf. Thole, ZIP 2014, 2365 f.

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