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- Seit Mitte 2015 gilt Einheitliches ErbRecht - in der Europäischen Union - nationale Rechte bleiben bestehen
- Rechtswahl nur eingeschränkt möglich – Berliner Testament kann zum Problemfall werden
- Auch Erbverträge vor mitte 2015 und Testamente betroffen – Alte Testamente und Erbverträge müssen auf den aktuellen Stand gebracht werden
Wo und für wen gilt die EU-Erbrecht Verordnung?
Die EU-ErbVO (Erbrecht Verordnung) gilt zuerst in allen EU-Staaten mit Ausnahmen von Irland, dem Vereinigten Königreich und Dänemark. Die EU-ErbVO verweist aber auch für andere Staaten auf deren Recht, ein zuständiges deutsches Gericht würde bei einem in England verstorbenen Österreicher für in Deutschland belegenes Vermögen etwa englisches und nicht österreichisches Erbrecht anwenden. Ausnahmen bestehen nur für Dritt-Staaten, mit denen vor der EU-ErbVO (völkerrechtliche) Staatsverträge über das anzuwendende Erbrecht abgeschlossen wurden und fortgelten. Dies betrifft für Deutschland neben der Türkei, den Iran und Nachfolgestaaten der Sowjetunion, wie Russland.
Was ist der „Gewöhnliche Aufenthalt“?
Entscheidend ist nunmehr nicht mehr das Heimatrecht, sondern das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltes. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes ist jedoch nicht definiert. Grundsätzlich hat ein Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich derart aufhält, dass sich daraus ableiten lässt, dass er dort nicht nur vorübergehend verweilt. Das klingt auf den ersten Blick etwas sperrig – und das ist es im Einzelfall auch. Ein beabsichtigter zeitlicher zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer gilt in den meisten Fällen als nicht mehr nur vorübergehend. Die Rechtsprechung verlangt einen „Bleibewillen“. Wenn ein auch längerer Urlaub geplant ist, ändert ihn das nicht, auch ein befristeter Auslandsstudienaufenthalt nicht. Die Pflege in einem polnischen Altern- und Pflegeheim dagegen schon: polnisches Erbrecht gilt.
Bei Grenzpendlern wird grundsätzlich der familiären Bindung der Vorzug vor der beruflichen gegeben.
Welches Erbrecht ist anzuwenden?
Nach der EU-ErbVO gilt grundsätzlich einheitlich für den gesamten Nachlass das Recht des Landes, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Und hier liegt ein zentraler Problempunkt: die nationalen Rechte der EU-Staaten sehen jeweils ganz unterschiedliche Lösungen für erbrechtliche Konstellationen vor. Folglich kann dieses für einen Deutschen, der im Ausland verstirbt und für seine Erben bedeuten, dass nicht deutsches Erbrecht angewendet wird, sondern eben das Auslandsrecht. Für viele ein unkalkulierbares Risiko.
Im deutschen Erbrecht galt bisher (bis 2015) der Grundsatz, dass grundsätzlich das Heimatrecht Anwendung findet. Das bedeutet, es kommt das Recht zur Anwendung, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser hat. Deshalb fehlt in Testamenten von deutschen Staatsbürgern eine Rechtswahl des deutschen Rechtes. Seit 2015 ändert sich aber durch Umzug aus Deutschland in einen anderen EU-Staat damit das anzuwendende Erbrecht. Statt des deutschen Pflichtteilrechts ist dann etwa das französische Noterbe einschlägig. Zudem ist eine wechselseitige Erbeinsetzung der Ehepartner („Berliner Testament“) in einzelnen EU-Staaten unbekannt und würde durch den Umzug seine Wirksamkeit verlieren.
Was ist nicht im Erbrecht EU ErbVO geregelt?
Die EU-ErbVO enthält keine Regelungen zum materiellen Erbrecht. Das Erbrecht stark beeinflussende Gebiete, wie das eheliche Güterstandsrecht oder das Gesellschaftsrecht, unterliegen nicht der Anordnung einer einheitlichen Erbrechtsordnung, obwohl sowohl das Gesellschaftsrecht, als auch das eheliche Güterstandsrecht zahlreiche erbrechtsbeeinflussende Regelungen beinhalten.
Testamente und Verträge prüfen! Rechtswahl treffen!
Die EU-ErbVO erlaubt jedoch ausdrücklich, dass Recht eines Staates zu wählen, dessen Staatsbürger man ist. Bei mehreren Staatsbürgerschaften kann jede Erbrechtsordnung gewählt werden. Dabei gilt die vor der EU-ErbVO in Testamenten getroffene Rechtswahl weiter.
Zur Vermeidung von zeitraubenden Streitigkeiten innerhalb des Erbenkreises oder im Umgang mit Behörden kann eine solche Rechtswahl nur dringend angeraten werden. Lassen Sie Ihr bestehendes Testament auf eine wirksame Rechtswahl prüfen. Errichten Sie kein Testament ohne klare Rechtswahlklausel!
Es gilt im Erbrecht allgemein: Nur durch klare Regelungen kann der Streit ums Geld zwischen den Erben vermeiden werden. Lassen Sie sich deshalb von Fachleuten im Erbrecht beraten, denn nur so gestalten Sie Ihr Testament eindeutig und sicher.