Was ist eine abstrakte oder konkrete Verweisung bei der Berufsunfähigkeitsversicherung?

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Voraussetzung dafür, dass Sie Leistungen aus Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung erhalten, ist unter anderem die Unfähigkeit zur Berufsausübung. Doch was genau ist darunter zu verstehen? Von zentraler Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die abstrakte und konkrete Verweisung der Berufsunfähigkeitsversicherung. Sie erfahren nachfolgend: Was ist unter einer abstrakten und konkreten Verweisung zu verstehen und wo liegt der Unterschied?
Inhalt

Eine Unfähigkeit zur Berufsausübung liegt grundsätzlich vor, wenn der Versicherte durch seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage ist, seinen erlernten oder zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben.

Die Beeinträchtigung muss dabei so erheblich sein, dass der Versicherte auch eine anderweitige Tätigkeit, die der Ausbildung und Erfahrung des Versicherten entspricht und seine bisherige Lebensstellung sichern könnte, nicht ausüben kann.

Abstrakte Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung

Versicherer bedienen sich dabei oftmals einer sog. abstrakten Verweisung, um ihre Leistungspflicht abzulehnen.

Von einer abstrakten Verweisung spricht man, wenn der Versicherte theoretisch noch einen anderen Job ausüben könnte. Dieser Job muss dabei den bisherigen Tätigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten des Versicherten sowie seiner Lebensstellung entsprechen. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, ob es insoweit tatsächlich freie Stellen für eben diesen Job gibt. Es kommt lediglich darauf an, ob der Versicherte diesen Job theoretisch ausüben könnte.

Ob der Versicherer eine solche abstrakte Verweisung vornehmen darf, hängt von den jeweils zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen ab.

Beispiel für eine Versicherungsbedingung, die eine abstrakte Verweisung enthält:

Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrungen ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

Konkrete Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung

Eine konkrete Verweisung könnte seitens des Versicherers vorgenommen werden, wenn der Versicherte nach Eintritt der Berufsunfähigkeit tatsächlich einen Job ausübt.

Entspricht dieser konkret ausgeübte Beruf der bisherigen Tätigkeit des Versicherten sowie seinen Fähigkeiten, Kenntnissen und der erreichten Lebensstellung, kann die Versicherung unter Umständen eine solche konkrete Verweisung vornehmen, um ihrer Leistungspflicht zu entgehen.

Hierbei spielt insbesondere auch die Höhe des durch die neue Tätigkeit erzielten Einkommens eine wichtige Rolle.

Beispiel für eine Versicherungsbedingung, die eine konkrete Verweisung enthält:

Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt nicht vor, wenn die versicherte Person nach Eintritts des in Absatz 1, 2 oder 3 beschriebenen Zustands eine andere, ihrer Ausbildung und Erfahrung sowie bisherigen Lebensstellung entsprechende Tätigkeit ausübt und sie dazu aufgrund ihrer gesundheitlichen Verhältnisse zu mehr als 50% in der Lage ist. Unter der bisherigen Lebensstellung ist die Lebensstellung in finanzieller und sozialer Hinsicht zu verstehen, die vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung gemäß Absatz 1 oder 2 bestanden hat. Die dabei für die versicherte Person zumutbare Einkommensreduzierung wird von uns je nach Lage des Einzelfalles auf die im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung festgelegte Größe im Vergleich zum jährlichen Bruttoeinkommen im zuletzt ausgeübten Beruf, vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung, begrenzt.

Unterschied

Während die abstrakte Verweisung auf eine theoretische Fähigkeit des Versicherten zur Berufsausübung abzielt, ist Gegenstand der konkreten Verweisung eine tatsächlich vom Versicherten ausgeübte Tätigkeit.

Ob und inwiefern sich der Versicherer auf eine solche abstrakte oder konkrete Verweisung berufen kann, hängt von den jeweils zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen des einzelnen Vertrags ab.

Sonderfälle und Rechtsprechung

Bei selbstständigen Unternehmern oder Freiberuflern könnte der Versicherer den Versicherten auf eine „Umorganisation“ verweisen. Dies bedeutet, dass der Versicherer seine Leistungspflicht dann ablehnen kann, wenn der Betrieb des Versicherten so umorganisiert werden könnte, dass dieser Aufgaben abgibt, die er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann und dafür Tätigkeiten übernimmt, die ihm noch möglich sind.

Auch dabei sind seitens des Versicherers Vorgaben einzuhalten, die von einem hierauf spezialisierten Anwalt überprüft werden sollten.

Im Rahmen der konkreten Verweisung ist zudem die soziale Wertschätzung der neuen Tätigkeit im Vergleich zum bisher ausgeübten Beruf zu berücksichtigen. Hierzu entschied etwa das Oberlandesgericht Karlsruhe im Falle eines selbstständigen Gas- und Wasserinstallateurs, dass dessen neu ausgeübte Tätigkeit als Laborassistent eine gänzliche andere Wertschätzung erfahre, sodass die Versicherung sich nicht anhand einer konkreten Verweisung auf diese neu ausgeübte Tätigkeit aus ihrer Leistungspflicht befreien konnte.

Fazit

Es lohnt sich, möglichst frühzeitig einen Anwalt für Berufsunfähigkeitsversicherungen zu kontaktieren. Dieser kann Ihnen Hilfe und Beratung in jedem Stadium der Erlangung der Berufsunfähigkeits-Leistung bieten und steht Ihnen im Ernstfall sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich zur Seite. So kommen Sie sicher und schneller an Ihr Ziel.

Weitere Informationen zum Thema Berufsunfähigkeitsversicherung finden Sie ebenfalls hier.

Beitrag vom 27.11.2019

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