Sonderbetriebsvermögen Teil 1 – was ist das?

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Sonderbetriebsvermögen – ein Begriff, den es nur im Steuerrecht gibt. Mit ihm versucht das Finanzamt – verkürzt gesprochen – Bestandteile und Einkünfte steuerlich zu erfassen, ohne dass es darauf ankommt, wer Eigentümer von Gegenständen oder Rechten ist.

Im Sonderbetriebsvermögen steckt finanzieller Sprengstoff. Wird er nicht kontrolliert gehandhabt, sind die steuerlichen Folgen explosiv – wenn nicht gar existenzgefährdend – und selten reparabel. Fehler können hohe Steuerforderungen auslösen. Telefon: 02241 1733 0 - E-Mail: info@rechtinfo.de

  • Das Finanzamt definiert Privat- und Betriebsvermögen anders als das Zivilrecht
  • zivilrechtliches Privatvermögen kann steuerrechtlich Vermögen des Betriebs sein

Dass das Steuerrecht Wege geht, die für den Laien und Nichtjuristen unverständlich sind, ist vielen schmerzhaft bekannt. Darüber hinaus arbeitet es mit Begriffen, die für Steuerpflichtige fremd sind – alles in Allem: ein eigenes System an Vorschriften, das anders ist als die Rechtsverhältnisse der „normalen Bürger“ untereinander (= Zivilrecht).

An dieser Stelle, an der beide Rechtsbereiche – Steuerrecht und Zivilrecht – auseinanderdriften, müssen Geschäftsführer, Vorstände oder Inhaber von Unternehmen aufpassen. Um nicht in die Tücken des Steuerrechts hereinzufallen, sollte man die Winkelzüge wenigstens in seinen groben Zügen kennen und im Vorfeld zu Entscheidungen detaillierte Überlegungen anstellen.

Einer der elementar trickreichen Begriffe ist der des Sonderbetriebsvermögens; kurz: SonderBV. Damit noch nicht genug: es gibt sogar das Sonderbetriebsvermögen I und Sonderbetriebsvermögen II. Den Bereich des Sonderbetriebsvermögens II und der Sondervergütungen behandeln wir in Teil 2 dieser Serie über das Sonderbetriebsvermögen.

Inhalt

Sonderbetriebsvermögen – warum es wichtig ist

Das Finanzamt ist immer auf der Suche nach dem wirtschaftlichen Kick unternehmerischen Handelns. Und gerade, wenn es um einen unternehmerischen Erfolg geht, setzen bei Steuerpflichtigen Überlegungen ein, um sich durch geschicktes unternehmerisches Handeln dem steuerlichen Zugriff zu entziehen.

Auf diese Weise werden Geschäfte, die ertragreich sind, gerne in den privaten Bereich verlagert. Das soll bewirken, dass sie möglichst gering oder gar nicht versteuert werden. Dieser Effekt schmeckt dem Finanzamt überhaupt nicht. Die Finanzbehörde schlägt mit eigenen Begrifflichkeiten dem Zivilrecht ein Schnäppchen und kommt so zur Steuerpflicht.

Nimmt man das Phänomen „Vermögen des Betriebes“ einmal genauer unter die Lupe, stellt man fest, dass beim Einzelunternehmer das gesamte Eigentum „unter einem Hut“ ist. Es gibt bei ihm nach dem Zivilrecht nur eine einzige Vermögensphäre – nur der Betriebsinhaber ist der alleinige Eigentümer von Privat- und Betriebsvermögen. Das bedeutet, alles was seinem Betrieb nutzt, ist damit Betriebsvermögen.

Somit ist die steuerliche Folge schon auf den ersten Blick klargestellt, weil das Zivilrecht hier eindeutig alle Dinge nur dem alleinigen Betriebsinhaber zuweist. Damit gehört die Werkstatt, die sich im Privathaus befindet, zum Betrieb ebenso wie ein Büroraum, der sich in der Wohnung befindet, der Wagen, der ihm gehört und von ihm genutzt wird, um Kunden zu besuchen und Aufträge auszuführen, ist ebenfalls zwangsläufig Betriebsvermögen.

Mehr Möglichkeiten, mit den Vermögensmassen aus dem Betriebsbereich und dem Privatsektor legal zu jonglieren, ergeben sich, wenn es eine offensichtliche Trennung zwischen diesen beiden Bereichen gibt. Das ist – vereinfacht gesprochen – regelmäßig dann der Fall, wenn der Betriebsbereich in eine separate Gesellschaft transferiert wird und Dinge, die man nicht im Betrieb einbringen möchte, auf der privaten Ebene bleiben. Die Gründe dafür können im Steuerrecht liegen. Sie haben in der Praxis ihre Ursachen auch, um Schutz vor Insolvenz und den Zugriff von dritter Seite zu bieten.

Diese – durchaus zulässige und sinnvolle – Trennung ist dem Fiskus ein Dorn im Auge, da auf diese Weise Tatbestände nicht vollständig versteuert würden. Nur die Vorgänge, die betrieblich sind, unterliegen der Steuer. Somit bestimmen Steuergesetze, dass gewisse Dinge, die für den Betrieb notwendig sind und einem Gesellschafter zivilrechtlich gehören, steuerlich dem Betrieb zugerechnet werden.

Betriebsvermögen – Sonderbetriebsvermögen, was ist der Unterschied?

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Ebenso wie beim Einzelunternehmer, sind bei einer Gesellschaft alle die Dinge, die einer Gesellschaft gehören, grundsätzlich Betriebsvermögen. Ein Blick in die Struktur von Gesellschaft und Gesellschafter klärt die Zusammenhänge.

Schließen sich mehrere Personen oder Firmen zusammen, um ein Geschäft zu betreiben, spricht man in diesem Kontext in den meisten Fällen von einer Mitunternehmerschaft (§ 15 EStG). Dabei ist es gleichgültig, welcher Art das Geschäft ist; es können sich Architekten zusammenfinden, Handwerker schließen einen Vertrag miteinander oder Kaufleute bündeln ihre Erfahrung zu einem gemeinsamen Miteinander – selbst mehrere Firmen können sich auf diese Weise zusammenschließen, um gemeinsam Kapazitäten zu nutzen. Die üblichen rechtlichen Formen sind z. B. gesellschaftsrechtlich als BGB-Gesellschaft (= GbR), offene Handelsgesellschaft (= oHG), Kommanditgesellschaft (= KG) oder GmbH & Co. KG weithin bekannt.

Erwirbt dieser Zusammenschluss seinerseits Dinge, um den gemeinsamen Zweck voranzutreiben, wird eine besondere Form des Eigentums begründet: das Gesamthandseigentum. In der Folge sieht die Finanzbehörde diese Dinge der Gesellschaft auch regelmäßig als Betriebsvermögen dieser Gemeinschaft an. So erwirbt eine Gesellschaft, an der Handwerker beteiligt sind, z. B. eine Bohrmaschine, damit die Aufträge ausgeführt werden. Steuerlich ist die Lage eindeutig: Es liegt Betriebsvermögen vor. Die Folge ist klar: der Fiskus bekommt seinen Anteil am Gewinn, wenn das Unternehmen ertragreich arbeitet.

Die Lage ist aber vollkommen anders, wenn ein Gesellschafter seinerseits dem Zusammenschluss, dem er angehört, eine ihm gehörende Bohrmaschine zur Verfügung stellt; unabhängig, ob er dafür Geld (= Miete) erhält. Er bleibt Eigentümer dieser Bohrmaschine, das Unternehmen arbeitet mit dieser Bohrmaschine. Dann wird die Bohrmaschine steuerlich dem Betrieb zugerechnet und als Sonderbetriebsvermögen angesehen.

Beim Sondervermögen hingegen ist einer der Gesellschafter Eigentümer – hier der Bohrmaschine – und damit kann natürlich die Gesellschaft selbst nicht Eigentümer sein. Um ganz genau zu sein: in diesem Fall redet man von Sonderbetriebsvermögen I (= SonderBV I). Den Bereich Sonderbetriebsvermögen II behandeln wir zusammen mit Sondervergütungen in Teil 2 dieser Serie zu den Sonderbetriebsvermögen.

Wie Sonderbetriebsvermögen zu buchen ist - Sonderbilanzen

Sonderbetriebsvermögen hängt buchhalterisch nicht im luftleeren Raum. Es muss bei Personengesellschaften in der Buchhaltung erfasst werden und ebenso werden konsequenterweise Abschlüsse erstellt. Dabei findet es keinen Platz in der Bilanz der Gesellschaft, an der der Gesellschafter beteiligt ist. Das liegt auf der Hand, da das Sonderbetriebsvermögen – zivilrechtlich gesehen – gerade kein Teil der Gesellschaft ist.

Der Gesellschafter muss sich, wenn der Abschluss erstellt werden soll, mit seiner Gesellschaft abstimmen; denn die Rechtsprechung fordert, dass die Gesellschaft die Sonderbilanz aufzustellen hat.

Sonderbetriebsvermögen I – einige Beispiele

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Alle Wirtschaftsgüter, die ein Gesellschafter dem Betrieb – einer Personengesellschaft – an dem er beteiligt ist, überlässt, damit sie erfolgreich arbeiten kann, werden als Sonderbetriebsvermögen I bezeichnet.

Weit verbreitet ist das Zurverfügungstellen von

  • Grundstücken,
  • Lagerhallen,
  • Werkstätten und
  • Büroimmobilien.

Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Flächen und Gebäude gegen Geld (= Miete, Pachtzahlung, Erbpacht, Nießbrauch) überlassen werden oder unentgeltlich erfolgt. Baut die Personengesellschaft auf dem Grundstück eines der Gesellschafter ein Gebäude, so gilt das Grundstück als Sonderbetriebsvermögen I des Gesellschafters.Gewährt einer der Gesellschafter der Personengesellschaft ein Darlehen, ist auch dieses – wenn es wirtschaftlich dem Unternehmen dient – ein Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters.

Sonderbetriebsvermögen bietet enormen Sprengstoff im Erbfall

Wenn der Zusammenhang von Gesellschaftsanteil an einer Personengesellschaft (= Mitunternehmeranteil) und Sonderbetriebsvermögen aufgebrochen wird, wird es regelmäßig teuer. Der entscheidende Punkt: das Sonderbetriebsvermögen „wandert“ in dem Fall aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen.

Was zunächst recht abstrakt klingt, wenn Betriebs- und Sonderbetriebsvermögen auseinandergerissen werden, passiert sehr oft, wenn Testamente verfasst oder Unternehmensnachfolgen in Angriff genommen werden, ohne die steuerlichen Auswirkungen mit einzuberechnen. Meist sind es Grundstücke, die sich im Privatvermögen eines Kommanditisten befinden, und einem Erben zugedacht werden, während der oder die Gesellschaftsanteile jemanden anderes zugedacht werden.

Auch das Entstehen von Erbengemeinschaften

kann zum Verhängnis werden, wer hier planlos und damit ohne Konzept vorgeht, riskiert viel Geld für seine Erben zu verlieren.

In der Konsequenz kann das bedeuten, Grundvermögen (oder Teile davon) nach dem Tod zu verkaufen, nur um Steuern zu begleichen. Möglicherweise kann daraus angesichts der steuerlichen Folgen sogar das Schicksal des Unternehmens auf dem Spiel stehen. 

Die Lösung liegt auf der Hand: eine geeignete Nachfolgeklausel in dem Gesellschaftsvertrag vereinbaren! Statt vieler Erben kann es angezeigt sein, eine Kombination von Alleinerbschaft und Vermächtnissen vorzusehen. Grund genug, einen Spezialisten mit Kenntnissen im Erb-, Steuer- und Gesellschaftsrecht ins Boot zu holen.

Deshalb ist zu beachten, dass die Eigenschaft eines Wirtschaftsguts als Sonderbetriebsvermögen endet, wenn der Gesellschafter aus der Personengesellschaft ausscheidet – das nicht zu beachten, wird zwangsläufig teuer.

Fazit: Sonderbetriebsvermögen – ein wichtiger Spezialbegriff aus dem Steuerrecht

Das Sonderbetriebsvermögen ist – vereinfacht gesagt – ein dem Gesellschafter gehörendes Wirtschaftsgut, das der Betrieb sinnvollerweise nutzen kann. Auch wenn es der Gesellschaft nicht gehört, wird es ihr steuerlich zugerechnet. Das hat steuerlich elementare Auswirkungen.

Sonderbetriebsvermögen! FAQ – Sie fragen – wir antworten

Was ist FAQ?

Wir beantworten Ihnen an dieser Stelle einige Fragen, die in der Praxis oft auftauchen. Kurz und knapp in übersichtlichen Portionen! Bleiben aus Ihrer Sicht darüber hinaus Punkte, die geklärt werden sollten offen, dann schreiben Sie uns per eMail oder rufen ganz einfach an.

Rechtsanwalt Hartmut Göddecke
Hartmut Göddecke
Rechtsanwalt 

FAQ

Mitunternehmerschaft – was ist das?

Die Mitunternehmerschaft ist ein Zusammenschluss mehrerer natürlicher oder juristischer Personen zu einer Personengesellschaft. Mit ihr soll ein gemeinsamer gewerblicher Zweck verfolgt werden (z. B. Abgrenzung zur reinen Vermögensverwaltung) mit dem Ziel Gewinne zu erwirtschaften. Dieser Begriff findet sich nur im Steuerrecht (§ 15 EStG).

Wichtig ist, dass die daran beteiligte Person eine so genannte mitunternehmerische Initiative hat (= Mitentscheidungsrecht) und auch am unternehmerischen Risiko beteiligt ist. Die damit typischerweise verbundenen Gesellschafsformen sind: Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, BGB-Gesellschaft, ARGE), offene Handelsgesellschaft (oHG), Kommanditgesellschaft (KG), Partnerschaftsgesellschaft (PartG) und atypisch stille Gesellschaft oder wirtschaftlich vergleichbare Gemeinschaften.

Was ist Sonderbetriebsvermögen I?

Aktives Sonderbetriebsvermögen I sind alle Wirtschaftsgüter, die dazu geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen, und zwar dergestalt, dass sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt sind. Dies trifft zu für Wirtschaftsgüter, die ein Gesellschafter der Gesellschaft zur Nutzung überlässt und die von der Gesellschaft genutzt werden.

Gewerbliche Einkünfte – welche gibt es?

Der Begriff der gewerblichen Einkünfte wird in § 2 Abs. 1 Ziff. 1 EStG genannt. § 15 EStG definiert, welche Einkünfte als gewerblich gelten. Dazu gehören beispielsweise die Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen sowie gewerbliche Bodenbewirtschaftung (Bergbauunternehmen, Gewinnung von Torf, Steine, Erden), Gewinnanteile an offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaft und artverwandten Gesellschaftsformen. Einkünfte aus Gewinnanteilen der persönlich haftenden Gesellschafter von Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA).

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Beitrag vom 06.05.2020

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