Die Vollmacht über den Tod hinaus – riskante Ergänzung von Vorsorge- und Bankvollmachten

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Die Entscheidung, einem Vertrauten eine Bank- oder gar Vorsorgevollmacht zu geben, ist vernünftig. Schließlich muss kein Gericht eingeschaltet werden, sollte man selbst vorübergehend oder dauerhaft geschäftsunfähig sein. Schwieriger ist die Entscheidung darüber, wie lange eine solche Vollmacht gültig sein soll. In vielen Fällen wird angeordnet, dass eine Vollmacht über den Tod hinaus, d. h. transmortal, wirksam sein soll. Diese Entscheidung sollte gut durchdacht sein. Für die Erben kann sie Fluch und Segen bedeuten.

Die Anordnung, dass die eigene Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus gültig sein soll, betrifft nicht den Vollmachtgeber. Sie hat Auswirkungen für die Erben. Erfahren Sie, welche Aspekte Sie unbedingt beachten müssen. | E-Mail: info@rechtinfo.de - Telefon: 02241/17330

Inhalt

Was beinhaltet eine Bank- und eine Vorsorgevollmacht?

„Que sera sera“ sang einst Doris Day. Und damit hatte sie auch recht. Schließlich ist im Leben nicht alles planbar. Insbesondere für Notfälle sollte man daher vorsorgen.

In vielen Fällen wird aus diesem Grund dem Ehepartner oder dem Kind eine Bankvollmacht ausgestellt. Hiermit wird diese Person ermächtigt, auf das eigene Konto zuzugreifen, Überweisungen zu tätigen und Bargeld abzuheben. Das setzt Vertrauen desjenigen voraus, der die Vollmacht an den Bevollmächtigten überträgt.

Noch weitergehender ist die Erteilung einer Vorsorgevollmacht. Mit der Vorsorgevollmacht bestimmt man eine oder mehrere Personen, die rechtsgültige Entscheidungen für einen treffen dürfen, die man selbst alters- und/oder krankheitsbedingt nicht mehr eigenständig regeln kann (§ 164 BGB). Diese Vollmacht geht in ihrem Inhalt und Umfang häufig über eine Bankvollmacht hinaus. Die bevollmächtigte Person wird zum eigenen Stellvertreter bei allen wichtigen Entscheidungen.

Was bedeutet transmortale und postmortale Vollmacht?

Grundsätzlich gilt eine Bank- oder eine Vorsorgevollmacht so lange, bis der Vollmachtgeber verstorben ist. Man kann allerdings im Rahmen der Bevollmächtigung anordnen, dass die Vollmacht über den Tod hinaus wirksam sein soll. Eine solche Vollmacht wird als transmortale Vollmacht bezeichnet. Eine postmortale Vollmacht dagegen wird mit dem eigenen Tod überhaupt erst wirksam.

Postmortale Vollmachten kommen in der Praxis eher selten vor. Der Vollmachtgeber ordnet hiermit die Situation, die unmittelbar nach seinem Versterben eintritt. Sie ist ein Mittel der Nachlassplanung, welches bewusst eingesetzt wird und daher üblicherweise keine überraschenden Ergebnisse fördert.

Dies gilt nicht für transmortale Vollmachten, die in der Praxis häufiger vorkommen. Um eine Wirksamkeit über den Tod hinaus herbeizuführen, reicht der kurze und einfache Satz „über den Tod hinaus gültig“.

Welche Vorteile bietet die transmortale Vollmacht?

Die Gültigkeit einer Vollmacht über den Tod hinaus hat logischerweise keine Auswirkung für den Vollmachtgeber selbst. Erben können eine solche Vollmacht allerdings durchaus nutzen, um schnell, kostengünstig und effektiv handeln zu können.

Transmortale Vollmacht sichert schnelles Agieren nach Todesfall

Insbesondere wenn der Erblasser und Vollmachtgeber keinen Immobilienbesitz vererbt, ist ein Erbschein regelmäßig nur notwendig, um die Angelegenheiten mit der Bank zu regeln. Verfügt einer der Erben über eine transmortale und damit weiterhin gültige Vollmacht, kann er hiermit die notwendigen Anordnungen treffen. Die Kosten und Mühen für die Beantragung eines Erbscheins muss die Erbengemeinschaft gar nicht erst aufwenden. Außerdem erspart die über den Tod hinaus wirkende Vollmacht selbstverständlich Zeit.

Ist die Beantragung eines Erbscheins unumgänglich, kann eine transmortale Vollmacht dennoch von großem Nutzen sein. Bis zur Erteilung eines Erbscheins dauert es üblicherweise zwei bis sechs Monate. In dieser Zeit können die Erben – mit wenigen Ausnahmen – nicht auf das Konto des Erblassers zugreifen. Mit einer transmortalen Vollmacht bleibt ein solcher Zugriff durchgängig möglich; die Erbengemeinschaft bis zur Erteilung des Erbscheins finanziell handlungsfähig.

Familiengerichtliche Verfahren können umgangen werden

Ein weiterer Vorteil besteht dann, wenn ein oder mehrere Erben minderjährig sind. Will die Erbengemeinschaft in dieser Situation grundsätzliche Entscheidungen in Bezug auf den Nachlass treffen, so kann unter Umständen die Zustimmung des Familiengerichtes notwendig werden. Bei Vorliegen einer über den Tod hinaus gültigen Vollmacht kann dies umgangen werden, indem der Vollmachtinhaber die notwendigen Verfügungen ohne eine solche Zustimmung trifft.

Welche Risiken bringt die transmortale Vollmacht mit sich?

Die Risiken der transmortalen Vollmacht ergeben sich insbesondere aus den weitreichenden, rechtlichen Möglichkeiten, die der Vollmachtinhaber nutzen kann. Sie kann im Einzelfall sogar gegen den Vollmachtinhaber benutzt werden.

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Die geschilderten Vorteile können aufgrund der Machtfülle leicht ins Gegenteil umschlagen. Nach der rechtlichen Vorgabe entscheidet innerhalb einer Erbengemeinschaft die Mehrheit darüber, wie der Nachlass verwaltet werden soll. Die Entscheidung über die Aufteilung bzw. den Verkauf von Nachlassgegenständen muss sogar einstimmig erfolgen.

Diese Grundprinzipien können bei Vorliegen einer transmortalen Vollmacht vollständig ausgehöhlt werden. Der Bevollmächtigte leitet sein Recht zu entscheiden und zu handeln vom Erblasser ab und deshalb hat die Erbengemeinschaft kein Mitspracherecht. Ein Vollmachtinhaber kann daher Entscheidungen über die Nachlassgegenstände alleine und unabhängig von der Erbengemeinschaft treffen. Den umfangreichen Handlungsoptionen steht auf der Kehrseite das Risiko, nicht im Sinne aller Erben in einer Erbengemeinschaft zu agieren, gegenüber. Das kann sogar soweit gehen, dass ein Missbrauch der Vollmacht vollkommen vorbei an der Erbengemeinschaft geschieht und damit deren Interessen zuwider.

Der Missbrauch einer Vollmacht führt grundsätzlich zu Schadensersatzansprüchen. Identisches gilt grundsätzlich auch für Verfügungen, die die Erbengemeinschaft nicht legitimiert hat. Zudem muss der Vollmachtinhaber üblicherweise Rechenschaft darüber ablegen, wie und wann er die Vollmacht verwendet hat. Nichtsdestotrotz ist in der Praxis zu beobachten, dass bei der Durchsetzung solcher Ansprüche häufig erhebliche Beweisschwierigkeiten für die Erben bestehen.

Transmortale Vorsorgevollmacht als Gefahr bei Nacherbschaft

Noch schwieriger stellt sich in diesem Fall die Situation für Nacherben dar. 

Die Nacherben erhalten zunächst nur einen Überblick über den bestehenden Nachlass durch das vom Vorerben erstellte Verzeichnis. Diese Aufstellung des Vorerben wird dann nicht vollständig sein, wenn ein Inhaber einer transmortalen Vollmacht Nachlassgegenstände verkauft oder veräußert, ohne dass der Vorerbe hiervon Kenntnis hat. Selbst der schützende Nacherbenvermerk im Grundbuch einer Immobilie kann von einem Vollmachtinhaber gelöscht werden (§ 51 GBO).

Bevollmächtigter muss Erben gegenüber Rechenschaft ablegen

Man ist allerdings auch als Inhaber einer solchen Vollmacht rechtlichen Risiken ausgesetzt. Wie bereits angesprochen, stehen den Erben regelmäßig Ansprüche auf Auskunfts- und Rechnungslegung zu. Insbesondere wenn sich – auch vermeintliche – Nachlassgegenstände nicht mehr auffinden lassen, fällt der Verdacht häufig auf den Vollmachtinhaber. Kann er dem hierauf folgenden Auskunftsersuchen nicht nachkommen, setzt er sich ohne eigenes Verschulden einem Haftungsrisiko aus, wenn man ihm seine Unwissenheit nicht glauben sollte.

Was man bei Erteilung einer transmortalen Vollmacht beachten sollte

Möchte man aus Vorsorgegründen eine Bank- oder Vorsorgevollmacht erteilen, so wird man häufig aufgefordert sich intensiv darüber Gedanken zu machen, wie weitreichend die Vollmacht sein soll. Die Frage nach einer postmortalen Wirkung der Vollmacht erfolgt hierbei eher beiläufig.

Zur Verdeutlichung: in vielen Vordrucken, die man im Internet erhält, beschäftigen sich rund 20 Fragen mit Inhalt und Umfang der Vollmacht. Die über den Tod hinausgehende Wirkung der Vollmacht kann durch das Ankreuzen eines einzigen Kästchens herbeigeführt werden.

Dabei können die Folgen einer postmortalen Wirksamkeit – wie aufgezeigt – sehr gravierend sein. Die Entscheidung hierüber sollte daher auch nicht leichtfertig getroffen werden.

Die Vertrauenswürdigkeit des Bevollmächtigten steht dabei selbstverständlich im Zentrum der Überlegungen. Man sollte allerdings auch mit einbeziehen, in welchem Verhältnis der Bevollmächtigte zu den eigenen Erben steht und wie die Aufteilung des Vermögens nach dem eigenen Versterben erfolgen sollte.

Auf dieser Grundlage sollte nicht nur über die Anordnung einer transmortalen Wirkung nachgedacht, sondern auch die Möglichkeit einer Beschränkung dieser Wirkung in Betracht gezogen werden.

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Beitrag vom 09.10.2020

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