Bei einer Übertragung einer Immobilie an die Kinder zu Lebzeiten müssen nicht zwangsläufig steuerliche Motive im Vordergrund stehen. Sie haben Fragen zum Thema Erbrecht oder benötigen eine Beratung? Dann rufen Sie uns unter dieser Nummer 02241/17330 an oder schreiben eine E-Mail an: info@rechtinfo.de
Der Begriff „vorweggenommene Erbfolge“ beinhaltet im allgemeinen Schenkungen zu Lebzeiten an die eigenen, potentiellen Erben. Denkt man über eine derartige Schenkung nach, so stehen zwei Gesichtspunkte im Mittelpunkt der Überlegungen:
- Zunächst sollte man sich die eigene Vermögenssituation vor Augen halten. Die zentrale Frage hierbei ist, in welchem Rahmen man sich Schenkungen leisten kann, ohne den eigenen Lebensstandard entscheidend zu schmälern. Diese Überlegung gibt den Rahmen vor, innerhalb dessen man Vermögen abgeben kann oder will oder welche Rechte man sich vorbereiten muss, um diesen Rahmen nicht zu sprengen.
- Noch zentraler ist das Motiv der Schenkung. Die Antwort auf die Frage, welches Ziel man mit der Schenkung verfolgen möchte, wird für die konkrete Umsetzung der Schenkung entscheidend sein.
- Die eigene Vermögenssituation und die Übertragung des Eigenheims
- Motive für eine Schenkung von Immobilien
- Die Vermeidung von Schenkungs– und Erbschaftssteuer
- Der Regress des Staates im Pflegefall
- Die Versorgung des eigenen Kindes
- Die eigene Absicherung im Alter
- Fachanwalt für Erbrecht: ein Zwischenergebnis ohne Ergebnis?
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Die eigene Vermögenssituation und die Übertragung des Eigenheims - Vorweggenommene Erbfolge
Schenkungen sollte man nicht nur wollen, man muss sie sich auch leisten können. Bei Geldgeschenken ist diese Aussage nicht nur einleuchtend. In aller Regel kann man hier auch die Frage unproblematisch beantworten, ob man sie sich leisten kann. Schließlich wird man nicht einfach finanzielle Mittel aus der Hand geben, die man selbst zum Leben benötigt.
Bei einer Übertragung von Immobilien kann die Situation schwieriger sein. Hier besteht die Möglichkeit, dass man das Eigentum nicht vollumfänglich abgibt, sondern sich bestimmte Rechte vorbehält. Dies verändert das Ausmaß der Vermögensweggabe.
Nennt man zum Beispiel ein Haus mit mehreren Wohneinheiten sein Eigentum und ist man zeitgleich auf Mieteinnahmen von zumindest zwei dieser Wohnungen finanziell angewiesen, so kann man sich eine Eigentumsübertragung nur leisten, wenn man sich ein Nutzungsrecht an diesen beiden Wohnungen vorbehält.
Zieht man die Eigentumsübertragung am Familienheim in Betracht, so hätte eine bedingungslose Übertragung des Eigentums an die Kinder zur Folge, dass man an diese zukünftig Miete bezahlen müsste. Dieses Ergebnis kann man sich üblicherweise weder leisten, noch ist es gewollt. Die Vereinbarung von Nießbrauch– oder sonstigen Nutzungsrechten ist daher in diesen Fällen die Regel.
Motive für eine Schenkung von Immobilien
Die am häufigsten genannten Motive für eine Übertragung des Eigenheims an das Kind oder die Kinder zu Lebzeiten sind steuerliche Gründe oder aber die Angst vor den Kosten im Pflegefall.
Daneben kann es aber noch andere Beweggründe geben, die neben oder anstelle dieser Motive treten und eine Eigentumsübertragung zu Lebzeiten sinnvoll erscheinen lassen. So kann die sofortige Versorgung des eigenen Kindes genauso einen Grund darstellen wie die eigene Absicherung im Alter. In vielen Fällen steht auch einfach nur der Wunsch im Vordergrund, seine Angelegenheiten frühzeitig geregelt zu haben. Die Bedeutung des Testamentes verringert sich und damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass Streit unter den eigenen Erben entsteht.
Die Vermeidung von Schenkungs– und Erbschaftssteuer
Das häufigste Motiv für die Übertragung von Immobilieneigentum auf die eigenen Kinder sind steuerliche Gründe.
Hintergrund hierfür ist, dass sowohl Kindern als auch Stiefkindern ein Schenkung- bzw. Erbschaftsteuerfreibetrag in Höhe von 400.000 € zusteht, der nach zehn Jahren wieder von neuem ausgeschöpft werden kann. Die Steuerfreibeträge sind in § 13 des ErbStG zu finden.
Nachdem die Preise für Grundstücke, insbesondere in den Ballungsräumen, in die Höhe schnellen kann eine frühzeitige Weitergabe von Immobilienvermögen daher eine interessante und legale Methode zur Steuervermeidung sein. Je früher man sich für eine solche Übertragung an die Kinder entscheidet, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Freibetrag sogar mehrfach ausgeschöpft werden kann. Wenn Sie Genaueres zur steuerrechtlichen Seite einer Immobilienübertragung wissen möchten.
Stellt somit die Steuervermeidung das Hauptmotiv dar, so wird man als Schenkender darauf achten müssen, dass der Wert der Immobilienschenkung sich innerhalb dieser Freibeträge bewegt. Das Vorbehalten von Gegenrechten wird in diesen Fällen ausschließlich genutzt, um den Wert der Schenkung zu senken.
Der Regress des Staates im Pflegefall
Häufig befürchtet man die Kosten die auf einen zukommen, wenn man einen Platz im Pflegeheim braucht.
Ein weiterer, häufiger Beweggrund für eine Weitergabe der Immobilie an die nächste Generation ist die Angst vor den Kosten, die auf einen im Pflegefall zu kommen.
Reichen die eigenen finanziellen Mittel nicht aus, wenn man ein Pflegefall werden sollte, so besteht die Gefahr, dass staatliche Stellen den Verkauf der eigenen Immobilie zur Refinanzierung betreiben könnten. Die Immobilie, die später doch den eigenen Kindern zufallen soll, wäre in diesem Fall vom Verkauf bedroht.
Ist dieser Fall das maßgebliche Motiv für eine Weitergabe des Eigenheims an die nächste Generation, so ist insbesondere die rechtzeitige Umsetzung dieses Vorhabens zu beachten. Eine derartige Schenkung an die Kinder ist erst nach einem Ablauf von zehn Jahren vor dem Zugriff des Staates gesichert. Nach Ablauf dieses Zeitraums kann der Staat aber immer noch auf Nutzungsrechte zurückgreifen, die sich der Schenkende bei der Übertragung vorbehalten hat. Dementsprechend sollte man sich bereits bei Übertragung überlegen, ob man selbst tatsächlich sehr umfassende Nutzungsrechte wie zum Beispiel das Nießbrauchrecht benötigt oder ob hierfür auch „schwächere“ Nutzungsrechte ausreichen.
Die Versorgung des eigenen Kindes
In vielen Fällen denken Eltern auch über eine Übertragung von Immobilien zu Lebzeiten nach, um ihr Kind abzusichern.
Im Kern geht es dabei nicht darum, dem eigenen Kind möglichst hohe Vermögenswerte zukommen zu lassen. Vielmehr soll dann sichergestellt werden, dass das Kind über Wohnraum verfügt, welches es selbst und unentgeltlich nutzen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Kind sich in einer schwierigen, finanziellen Situation befindet.
In diesen Fällen dürfte die Übertragung allein von Nutzungsrechten das Mittel der Wahl sein. Überträgt man in einer solchen Situation Eigentum, so könnte dieses dem Zugriff von Gläubigern ausgesetzt sein.
Die eigene Absicherung im Alter
Eine Schenkung kann auch eigennützige Ziele verfolgen.
Im ersten Moment mag es komisch klingen. Eine Schenkung an einen anderen kann aber auch eigennützige Ziele verfolgen.
Dabei ist der Gedanke alles andere als egoistisch, wenn man zum Beispiel den Wunsch hat, im Alter nicht von einer fremden Person, sondern von dem eigenen Kind gepflegt zu werden. Andererseits möchte man aber natürlich dem Kind nicht zur Last fallen. Ein möglicher Ausweg ist der sogenannte Pflegevertrag.
Hier erhält man das Versprechen des Kindes, dass dieses einen im Alter pflegt. Als Gegenleistung überträgt man bereits zu Lebzeiten eine Immobilie. Im Ergebnis weiß das Kind, worauf es sich einlässt und wird für dieses Pflegeversprechen bezahlt.
Doch es muss nicht nur um Pflegeversprechen gehen. Neben einem solchen Versprechen oder alternativ hierzu kann man sich als Gegenleistung auch monatliche Zahlungen seitens des Kindes zusichern lassen. Dies sichert einem die Absicherung im Alter im notwendigen Umfang.
Fachanwalt für Erbrecht: ein Zwischenergebnis ohne Ergebnis?
Die Frage, ob es sinnvoll ist, im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge bereits zu Lebzeiten ein oder mehrere Grundstücke auf die Kinder zu übertragen, kann nicht gleich beantwortet werden.
Maßgeblich ist zunächst die eigene Vermögenssituation. Primär sollte man sicherstellen, dass man selbst gut und ausreichend im Alter versorgt ist.
Neben dieser Überlegung sind die Motive und deren Gewichtung maßgeblich dafür, auf welche Weise eine solche Vermögensübertragung von statten gehen sollte. Dabei sollte es aber auch nicht nur um die Motive des Schenkers gehen. Insbesondere, wenn Kinder als Gegenleistung die Pflege ihrer Eltern versprechen sollen, sollte der Umfang der Pflegeleistungen ausführlich unter den Parteien besprochen werden.
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